1914 Sep 27 Elisabeth Mackes letzter Brief an August Macke
Bonner Ausstellung zeigt einen bislang unveröffentlichen Brief an den Ehemann
Zu den ergreifenden Dokumenten der Ausstellung gehört ein bislang noch nicht veröffentlichter
Brief Elisabeths an August, geschrieben am Tag nach August Mackes Kriegstod. Elisabeth Macke
erfuhr erst am 16. Oktober 1914, also drei Wochen später, per Telegramm vom Tod ihres Mannes.
Wir veröffentlichen den Brief in Auszügen:
Sonntag. 27. September.
Mein lieber August,
heute ist so ein rechter Herbstsonntag, trüb, manchmal kommt die Sonne durch. Wolfgang schläft
und ich sitze allein hier am Schreibtisch und bin in Gedanken bei Dir und sehe Dich hier im
Zimmer neben mir - Nun muss ich bald wieder von Dir hören, dass es Dir noch gut geht.
Wenn ich so denke, voriges Jahr um die Zeit, war der Herbstsalon, diese internationale
Verbrüderung in der Kunst, und da rüsteten wir uns zur Reise in die Schweiz. Wer von uns hätte
damals gedacht, wie es heute gekommen ist. Bald ist unser Hochzeitstag; wo magst Du an dem Tag
sein? Es scheint nun doch, dass ihr wieder etwas Ruhe habt. (...)
Ich hoffe immer, dass Du wohl bist und gesund, mein Lieber und dass Du einmal, wenn alles
vorbei ist, heil wieder zu mir nach Hause kommst, oder dass Du bald kommst, aber so dass Du
besser wirst und vorab nicht mehr wegbrauchst. So wie der Walter das Glück hatte. Aber der
Wunsch ist sehr anspruchsvoll, nicht wahr?
Es geht mir sonst gut, sorge Dich nicht um mich, solange ich hoffen kann, bin ich zufrieden.
Vielleicht geht alles gut aus für uns Beide. ach Liebster! das wäre unbeschreibliches
Glück.
Die beiden Bübchen sind so rechte wilde Jungen, die Annie muss sie jetzt morgens anziehen und
abends ins Bett legen; ich konnte nicht mehr mit ihnen fertig werden.
Der Walter ist zu heftig und zornig oft, aber es ist halt der Lebensüberfluss, der irgendwo
heraus muss. Wolfgang ist auch ein rechter Junge und nicht mehr das sanfte Geschöpf; er tritt
und schlägt auch als um sich. Er hat einen schrecklich gesegneten Appetit und ein rundes
Bäuchelchen und dicke Pausbäckchen.
Denk nur, der kleine Kerl, wenn er einen blauen Soldat sieh, sagt er "Dat" wenn er einen grauen
sieht, sagte er "Papa" so gut behält er alles u. wie lange ist das schon her. 2 Monate bist Du
nun bald schon fort, gut, dass die Zeit so eilt trotz allem. (...)
Heute kamen den ganzen Morgen wieder viele Verwundete und fast ein ganzes Bataillon ist wieder
ausgerückt. (...) Hast Du nun meine Kiste bekommen mit dem Liebesgabentransport? Sonst
erkundige Dich doch danach.
Ich wünsche Dir nun weiter alles Gute, Du lieber Auwa, Waudela (?). (...) Auf Wiedersehen, mein
gutes Herz; es küsst Dich und umarmt Dich
Deine Lisbeth u. die Beiden
aus: generalanzeiger bonn 25.09.2009