Unterthänigst vorgetragen worden Dieselbe auch sehr mißfällig vernommen haben wie daß die wegen des leichtfertigen Ziegeuner Gesindleins sowohl von Reichs wegen als sonst ins besonder und zwar noch ohnlängsthin ergangene so nachdrucksame Verordnungen nicht mehr anreichig seyn wollen sondern von solchem Diebs-Gesindlein in- und ausser denen Churpfältzischen Landen vielfältige Raub-, Mord- und Brand vernommen werden und derowegen auch der löbliche Ober-Rheinische Craiß zu Steurung dieses Land und Leuth verderblichen Unheils würckl. vermittelst aller Orthen angeschlagener Patenten diesem Raub und Mörderischen Gesind und deren adhaerenten auß denen Ober-Rheinischen Craiß Landen außbiethen und denenselben auff werthere Betrettung erstlich den Staupen-Schlag und Brand-Marckung nachgehends aber auff abermahlige Ergreiffung den Strang ohne wertere Formalität oder Prozeß-Ordnung anbedrohen lassen:
Als haben Höchstg[edachte] seine Churfürstl. Durchl. dieser heylsamen Verordnung zu höchstnöthiger Sauberung Ihrer und anderer Reichs-Landen von solchen Diebs- und Raub-Vögeln zugleich auch auff diese Weiß und zwar umb da mehr Hand mit anlegen wollen als ob zwar diese böse Arth von Menschen allbereit nach den Allgemeinen Reichs Satzungen für Vogelfrey erkläret worden dannoch der gemeine Mann auß Beysorg Brand und Mords dießfals alzu furchtsam und dahero die Höchste Nothdurfft erfordert, daß die Obrigkeit selbsten an solchem dem gemeinen Wesen höchst-schädlichem Gesindlein die erforderte und ohnumbgängliche Execution verrichten lasse gestalten dan hiemit auß mehr höchstgedacht Ihr Churfürstl. Durchlaucht gnädigstem Befehl allen und jeden Ziegeuneren deren Mithelfferen und Anhängeren Weibs und Männlichen Geschlechts nochmahlen in Zeit von vier Wochen von Publication dieses Patents anzurechnen zur Raumung deren Chur-pfältzischen Landen nach 14 Tagen angesetzet und anbey alles Ernstes bedeutet wird, daß sie alsdann sambt und sonders auff betretten erstlich mit Ruthen außgehauen und mit dem Zeichen eines Galgens gebrandmarcket nachgehends aber auff weitere ihrer Ertappung in vorgedachten Landen nach 14 Tagen und solcher geschehener Brandmarckung endlich gar mit dem Strang vom Leben zum Tod hingerichtet und dieses alles ohne weitere Formalität und Proceß-Ordnung an ihnen ohnfehlbar vollbracht auch von denen bey ihnen befindlichen Effecten, mit Vorbehalt jedoch deren Eigenthumbs-Herren Recht denen jenigen so dieses Lumpen- und Diebs-Gesind angeben oder zur Hand bringen werden eine anreichige Belohnung gegeben wie dann ohne dem vorhin schon zu dieser ruchloser Leuthen desto besserer Verwahrnung und Kundmachung dieser ihrer zu erwarten habender Bestraffung auf denen Gränzen und Strassen besondere Stöcke mit angeschlagenen Blechen auffgesetzt worden denen sowohl als auch dieser Verordnung gemäß „Du Ziegeuner Männlichen und Weiblichen Geschlechts alsdann ohne alle Formalität mit Ruthen außgehauen und gebrantmarcket nachgehents aber auff weitere Ertappung nach 14 Tagen und deiner geschehenen Brandmarckung ohnfehlbar auffgehencket werden wirst.“
Urkundlich des hie vorgedruckten Churfürstl. Cantzley Secrets.
Heydelberg den … Maii 1711.
1 Fundstelle: UB Heidelberg, http://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/johann_wilhelm1711/0001.
2 Johann Wilhelm Joseph Janaz von der Pfalz (auch Jan Wellem genannt, * 19. April 1658 in Düsseldorf; † 8. Juni 1716 ebenda) entstammte der jüngeren Neuburger Linie der Wittelsbacher. Er war seit 1679 als Johann Wilhelm II. Herzog von Jülich und Berg und ab 1690 auch Erzschatzmeister des Heiligen Römischen Reiches, Pfalzgraf-Kurfürst von der Pfalz und Pfalzgraf-Herzog von Pfalz-Neuburg.