1941 Okt 8 Reichssicherheitshauptamt (RSHA) an RP Köln [1]

Der Reichsminister des Innern

Pol.S IV b 4 b-2975/41 g(846)

Bitte in der Antwort vorstehendes

Geschäftszeichen u.Datum anzugeben

 Berlin SW 11, den 8.Oktober 1941

 Prinz-Albrecht-Str.8

 Fernsprecher 12 00 40

 Schnellbrief Geheim  

 Dringend - sofort vorlegen!
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An den

Regierungspräsidenten I J p 2811 B-121/41 [2]

in Köln

Betrifft: Evakuierung von Juden in das Ghetto Litzmannstadt

Hier: Richtlinien für die Behandlung des Vermögens

Bezug: Ohne

Anlagen: Je 1 Abdruck einer Vermögenserklärung und einer Einziehungsverfügung

Aus zwingenden Gründen müssen am 22. und 30. ds. Mts. je 1000 Juden aus dem dortigen Bereich in das Ghetto Litzmannstadt abgeschoben werden. Wegen der besonders gelagerten Verhältnisse und zur Vereinfachung der mit dieser Abschiebung zusammenhängenden vermögensrechtlichen Regelung muss in diesem Falle eine Sammeleinziehung des gesamten Vermögens dieser Juden durchgeführt werden. Ich habe dementsprechend mit Erlass vom 3.10.1941 - Pol.S II A 5 - 1045/41-212- die Sammelfeststellung getroffen, dass die Bestrebungen dieser in das Ghetto Litzmannstadt abzuschiebenden Juden volks- und staatsfeindlich gewesen sind, wovon die Staatspolizeistelle Köln in Kenntnis gesetzt wurde. Um nunmehr das Einziehungsverfahren beschleunigt durchzuführen, habe ich der Staatspolizeistelle Köln die nötige Anzahl von Vordrucken für Vermögenserklärungen und Einziehungsverfügungen übersandt. Je 1 Abdruck hiervon ist in der Anlage beigefügt. Die Juden werden von der Staatspolizeistelle Köln veranlasst, die Vermögenserklärung sorgfältig auszufüllen und alsdann zu unterschreiben. Zur Vereinfachung des Einziehungsverfahrens sind dort in die Vordrucke der Einziehungsverfügungen links oben der Kopf [3] und die Buchungsnummer und rechts oben der Ort sowie das Datum einzutragen. In allen Fällen ist eine Sammelbuchungsnummer zu verwenden. Die Einziehungsverfügungen sind auch weiterhin uten mit einer handschriftlichen Unterschrift des zuständigen Beamten Ihrer Behörde und mit dem Dienstsiegel zu versehen. Für jeden abzuschiebenden Juden (auch für minderjährige Kinder und Ehefrauen, soweit eigenes Vermögen vorhanden ist) werden zwei Vordrucke benötigt. Nachdem diese Ausfüllung beschleunigt durchgeführt ist, sind die Blanköinziehungsverfügungen der Staatspolizeistelle Köln wiederum zur Verfügung zu stellen, die sodann von sich aus die Eintragung der Personalien an Hand der Liste der in das Ghetto Litzmannstadt abzuschiebenden Juden vornimmt. Daraufhin wird den Juden die Urschrift der Einziehungsverfügung durch Gerichtsvollzieher [4] mittels Zustellungsurkunde zugestellt, während die Zweitschrift zusammen mit der Zustellungsurkunde an die Staatspolizeistelle Köln zurückgeht.

Nach erfolgter Einziehung werden die Vermögenswerte und die Einziehungsverfügungen nebst Zustellungsurkunden durch die Staatspolizeistelle Köln dem Oberfinanzpräsidenten in Köln [5] , der mit entsprechenden Anweisungen vom Reichsminister der Finanzen versehen worden ist, zur Verwaltung und schnellsten Verwertung [6] übergeben.

Die Staatspolizeistelle Köln ist von hier aus angewiesen worden, Ihnen bei der Durchführung des Einziehungsverfahrens in diesem Sinne behilflich zu sein und nach Abschluss des Einziehungsverfahrens Ihnen eine Liste der Juden, deren Vermögen im Rahmen der Abschiebung in das Ghetto Litzmannstadt eingezogen worden ist, zu übermitteln [7] , damit Sie Unterlagen darüber besitzen, in welchen Fällen eine Einziehung erfolgt ist.

Die Einziehungsverfügungen stützen sich auf sämtliche im Grossdeutschen Reich gültigen Einziehungsgesetze und -verordnungen, damit das gesamte Vermögen der Juden auch für den Fall eingezogen wird, dass sich Vermögenswerte dieser Juden in der Ostmark [d.i.österreich], im Sudetenland oder im Protektorat Böhmen und Mähren [d.i.CSSR] befinden. Obgleich Ihre Zuständigkeit für diese Gebiete nicht gegeben ist, dürfte dies der Rechtsgültigkeit der Einziehung nicht entgegenstehen, weil es sich hierbei um eine innerdienstliche Angelegenheit, die notfalls im Benehmen mit der zuständigen Einziehungsbehörde bereinigt werden kann, indem ihre nachträgliche Zustimmung eingeholt wird, handelt.

Ich ersuche, beschleunigt das Einziehungsverfahren in dem angegebenen Sinne einzuleiten und durchzuführen.

 Im Auftrage:
 gez.: S u h r

Beglaubigt:
[Unterschrift]
Kanzleiangestellte

Der Reichsführer SS und Chef der Deutschen Polizei
Im Reichsministerium des Innern
 39 [8]

 W[ieder]v[or]l[age] nach Durchführung
 der Aktion sonst am 1.12.41 i.A.
 L. 24/10 [9]


[1] Fundstelle: RP Köln, unbezeichneter Bestand, Kopie im ARSK. Der eigentliche Absender ist das RSHA, erkennbar - ausser an der Person Suhr (s.DÜWELL, S.327, Anm.125) - an dem Geschäftszeichen "IV B 4". Der Brief besteht aus 2 Blättern, jeweils die Vorderseite (d.h. hier also S.1 und 3) ist rot umrandet; die Umrandung wurde nur beim Titelblatt nachempfunden.

[2] Diese leicht zu entziffernde handschriftliche Eintragung stammt von derselben Hand, die auch den Randvermerk und den Schlussvermerk geschrieben (nicht:unterschrieben) hat; ausserdem sind folgende Handzeichen zu sehen (teilweise unsicher):

026 b 10.10.
B.R.
+
I W(J) 71 g-24/41
491/41 g
I J p

[3] Am Heftrand daneben steht folgender

"Vermerk: Auf Anordnung wurden der Stapo Köln 1 Kopfstempel »Der Reg[ierungs]Präs[ident]« und 1 Dienstsiegel gegen Quittung ausgehändigt. Hierzu wurde das Geschäftszeichen I J p 2811 B-121/41 angegeben. R. "

[4] Unterstreichung von Hand mit Blei- oder Kopierstift.

[5] dto.

[6] Randstrich und Unterstreichung dto.

[7] dto.

[8] Abdruck des Dienstsiegels.

[9] handschr. Eintragung.