1947 Jun 3 Affidavit Ernst Struss [1]

TRANSLATION OF DOCUMENT No. NI-8313

OFFICE OF CHIEF OF COUNSEL FOR WAR CRIMES

Eidesstattliche Erklärung

Ich, Dr. Ernst Struss, Direktor der I.G.Farben, Chef des TEA-Bueros der I.G.Farben, Sekretaer des Technischen Komitees des Vorstandes der I.G.Farben, Leiter der Sparte II der Vermittlungsstelle W und, seit 1943, Produktionsleiter der gesamten deutschen Farbenindustrie im Rahmen der Wirtschaftsgruppe Chemische Industrie, [...] erklaere hiermit unter Eid freiwillig und ohne Zwang folgendes:

I. Nitrat ist ein notwendiges Rohmaterial zur Produktion von Schiesspulver und Munition. Das Grundelement in der Nitrat-Erzeugung ist Stickstoff. Die I.G.Farben entwickelte das Haber-Bosch-Verfahren fuer die Gewinnung des Stickstoffes aus der Luft. Dadurch wurde Deutschland Selbstversorger in Nitraten. Die I.G.Farben wurde der gr�sste Nitrat-Erzeuger der Welt, und durch Ausfuhr in grossem Ausmasse verdraengte es Chile, welches bis dahin die Hauptquelle fuer die Nitratversorgung auf den Weltmaerkten gewesen war. Durch die einzigartige Stellung der I.G.Farben auf dem Gebiete der Nitrate wurde die Dynamit A.G., vormals Alfred Nobel, in Troisdorf, der gr�sste Erzeuger von Schiesspulver und Munition, dazu bewegt, im Jahre 1926 eine Interessengemeinschaft mit der I.G.Farben zu schliessen.

I.G.Farben erreichte es bald, die Dynamit A.G. zu beherrschen. Erstens war die Dynamit A.G. (DAG) fuer Nitrat abhaengig von der I.G.Farben. Darueberhinaus hatte die I.G.Farben ueber 50 % des Stimmenrechtes in der DAG. Weiterhin war die I.G.Farben im Aufsichtsrat der DAG durch Bosch, Duisberg, Gajewski und Schmitz vertreten. Endlich war Generaldirektor Dr. Paul Mueller von der DAG ein Mitglied des I.G.-TEA. Alle Kreditgesuche der DAG wurden im I.G.-TEA besprochen, welcher -mit Ausnahme des letztgenannten - vollkommen aus I.G.-Farben-Leuten zusammengesetzt war. [...]

[...]

III. Nach meiner Schaetzung haben die I.G.Farben und ihre Zweigstellen, die DAG und die Wasag, 84% der deutschen Sprengstoffe und 70% von Deutschlands Schiesspulver aus ihrer Erzeugung von Stickstoff und Zwischenprodukten hergestellt.

[...]

gez. Dr. Ernst S.Struss

[Frankfurt/Main, 3.Juni 1947]




[1] Abschrift in: BA Koblenz, AllProz 2, NI 8313.